Schwarz und Weiß: Eine kurze Geschichte über Reifen und Kautschuk
Ob für reguläre Autos, massive Lkw oder auch aerodynamische Rennräder: Ohne Reifen herrscht auf den Straßen quasi Stillstand. Diese so essenziellen Reifen werden, auch heute noch, primär aus Kautschuk hergestellt. Die Reifenindustrie ist international dabei so bedeutend, dass etwa 70 Prozent des weltweit gewonnenen und weiterverarbeiteten Naturkautschuks für diese genutzt werden.
Eine kurze Geschichte des Gummireifens
Während eines Experiments stieß der US-amerikanische Chemiker Charles Nelson Goodyear im Jahre 1844 auf die Vulkanisation: Bei besonders hohem Druck und Hitze zerfloss Goodyears Mischung aus Schwefel und Kautschuk nicht, sondern bildete ein besonders widerstandsfähiges wie auch elastisches Material. Dieses vulkanisierte Gummi meldete der Chemiker im Juni 1844 beim United States Patent Office zum Patent mit der Nummer 3633 an – die Geschichte der Gummireifen aus Naturkautschuk nahm ihren Lauf.
Nur ein Jahr später entwickelte der schottische Unternehmer und Konstrukteur Robert William Thomson einen neuartigen Luftreifen mit vulkanisiertem Gummischlauch und reichte das entsprechende Patent ein. Dieser Luftreifen war für die damalige Zeit allerdings zu progressiv und fand trotz aller Innovation keine willigen Investoren und Abnehmer.
Der Durchbruch des Luftreifens begann letztlich erst vier Jahrzehnte später im Jahr 1888, 15 Jahre nach Thomsons Tod. Der ebenfalls schottische Tierarzt John Boyd Dunlop entwickelte einen Luftreifen aus vulkanisiertem Gummi für Fahrräder und ließ diesen umgehend patentieren. Bereits 1889 gründete Dunlop schließlich die erste Fabrikationsstätte für diese Fahrradreifen.
Auf Goodyear folgen Dunlop, Michelin und Continental
Nur zwei Jahre später – im Jahr 1891 – entwickelte Édouard Michelin, ein französischer Industrieller, einen austauschbaren Reifen mit integriertem Luftschlauch. Dieser war ursprünglich ebenfalls primär für den Einsatz an Fahrrädern gedacht. Drei Jahre später entwickelte Michelin das Konzept jedoch weiter und erschuf einen Gummireifen, welcher für frühe Automobile geeignet war. Diese waren so erfolgreich, dass Michelin in nur wenigen Jahren zum Marktführer der damals noch jungen Reifenbranche avancierte.
So fuhren schon 1896 in Paris rund 300 Taxis mit Autoreifen aus dem Hause Michelin.
Doch auch der Autoreifen aus Kautschuk beziehungsweise Gummi sollte sich schon wenige Jahre später weiterentwickeln. Der deutsche Erfinder und Unternehmer Friedrich Veith brachte die Standardisierung und Normgrößen für Reifen ins Rollen, ebenso wie genormte Felgen für Autoreifen. 1904 wurde schließlich der weltweit erste Profilreifen für Automobile von Continental entwickelt, einem 1871 gegründeten Reifenhersteller und heutigem Automobilzulieferer aus Hannover.
Weißer Kautschuk, schwarze Reifen?
Reifen für Automobile oder Fahrräder sind schon seit ihrer Entwicklung bekanntermaßen schwarz. Aber wie kommt es, dass heutzutage nahezu alle Reifen schwarz sind, obwohl Naturkautschuk, der Milchsaft von Kautschukbäumen und -pflanzen, eigentlich weiß ist?
Die charakteristische schwarze Färbung der Reifen stammt von diversen Textilien, Öl und vor allem schwarzem Ruß, welche dem eigentlich weißen Kautschuk bei der Reifenproduktion beigemischt werden müssen. Dafür ist Kautschuk per se zu weich und klebrig. Damit die erwünschten Gummireifen fest und elastisch werden, müssen dem Kautschuk also die genannten Zusatzstoffe beigemischt werden.
Vor mehreren Jahrzehnten war es allerdings nicht unüblich, auch sogenannte Weißwandreifen herzustellen. Diese hatten zwar eine schwarze Lauffläche, allerdings Reifenwände, die noch weiß waren wie Naturkautschuk, da hier kein schwarzes Ruß beigemischt wurde. Diese teilweise weißen Reifen wurden hauptsächlich im Luxussegment vermarktet und lassen sich heute nur noch an wenigen gut erhaltenen Oldtimern von einst entdecken.
Grundsätzlich ist es heutzutage problemlos möglich, weiße oder auch andersfarbige Reifen für Autos oder Fahrräder zu produzieren. Allerdings würden die höchstwahrscheinlich niedrigen Verkaufszahlen eine kostspielige Sonderproduktion kaum rechtfertigen. Denn das Interesse an weißen Reifen, welche schon nach kurzer Fahrdistanz grau und verdreckt aussehen, dürfte nach wie vor eher gering sein.
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